Die „alte“ Worpsweder Zeitung

Nur wenige wissen, dass es sie überhaupt gegeben hat: die „Worpsweder Zeitung“, hier verlegt und in Teilen auch gedruckt. Obwohl das Blatt von 1896 bis 1923 regelmäßig dreimal in der Woche erschien, sind nur wenige Exemplare erhalten, ab 1914 gibt es eine Anzahl datierter Ausschnitte aus der Sammlung Koenemann.

Edwin Koenemann war freier Mitarbeiter bei der Worpsweder Zeitung. Einige Artikel von ihm sind überliefert, so der Bericht über die Eröffnung der Bahnlinie Bremervörde-Osterholz und der Nachruf auf den 1930 verstorbenen Verleger Wilhelm Dommreis, dem einige Fakten entnommen werden können: Dommreis übernahm 1897 die von J. Christian Heims gegründete Worpsweder Zeitung. Die Nummer 1 befindet sich im Internationalen Zeitungsmuseum in Aachen — das einzige Exemplar dort —, herausgegeben am 27. 9. 1896 von J. C. Heims in Osterwede. Die Zeitung bestand aus vier Seiten im Berliner Format (47 x 31,5 cm), wobei Dommreis die Bogen ungefalzt, die Innenseiten 2 und 3 fertig im Rotationsverfahren bedruckt, von einer anderen Zeitung bezog. Diese Seiten enthielten überregionale Meldungen und Berichte und einen Fortsetzungsroman. Die Vorder- und Rückseite (1 und 4) wurden in Worpswede im Handsatz hergestellt und wahrscheinlich auf einer 50 x 70 cm-Stoppzylinderschnellpresse auf die leeren Seiten der Vordruckbogen gedruckt.

Auf Seite 1 standen Meldungen aus dem Reich und aller Welt („Das neueste von gestern“) sowie unter der Rubrik „Lokales und Provinzielles“ Regionalnachrichten, auf Seite 4 in der Regel nur Anzeigen. Die Druckqualität war außerordentlich schlecht – oft waren Teile des Textes nicht lesbar. Ursachen dafür waren die abgenutzten und immer wieder verwendeten Handsatzlettern, die fehlende Zeit für eine Zurichtung und eine unsachgemäß bediente Maschine. Es ist anzunehmen, dass der Redakteur auch Setzer und Drucker war und von allem nur ein bisschen verstand, woraus Satzfehler, Stilblüten und mangelhafter Druck sich ergaben.

Als Folge der Inflation mußte Wilhelm Dommreis 1923 das Erscheinen der Worpsweder Zeitung einstellen. Danach gab es aber noch zwei Ausgaben mit dem alten Zeitungskopf: Die witzige Sondernummer zum 40jährigen Jubiläum des Künstlerdorfes am 11. Oktober 1924 und das am 19.3. 1930 aus Anlass des Todes von Verleger Wilhelm Dommreis vom Sohn Hugo herausgegebene Blatt. Bezeichnet als Nummer 33 im 28. Jahrgang, enthielt es wohl nur den Nachruf und Todesanzeigen der Familie und diverser Vereine und Verbände, denen Wilhelm Dommreis angehörte. Erhalten sind nur der Zeitungskopf und ausgeschnittene Anzeigen, die auf diesen Zusammenhang schließen lassen. Anscheinend war die Nummer 32 im tatsächlichen 28. Jahrgang (1923) die letzte reguläre Ausgabe.

Schon ein Jahr später, 1924, gründet Wilhelm Dommreis die „Worpsweder Lokalnachrichten“, die zweimal in der Woche erscheinen und nur aus einem Blatt, vorder- und rückseitig bedruckt, bestehen. Auf den Ausgaben fehlen Nummernzählung und Angaben über den Jahrgang, so dass anhand der überlieferten Exemplare nicht das Ersterscheinungsdatum ermittelt werden kann. Die älteste mir bekannte Ausgabe datiert vom 26. 11. 1924, das Format ist 32 x 24 cm. Von dem vergrößerten Blatt „mit illustrierten Beilagen“ ab 1929 — wie Koenemann im Nachruf schreibt — war kein Exemplar zu ermitteln.

Nach dem Tod von Wilhelm Dommreis übernimmt sein Sohn Hugo Verlag und Herausgabe der Zeitung. Er erhebt das Blättchen zum „offiziellen“ Sprachrohr der Gemeinde, das nun ab 1931 als „Gemeindeblatt“ einmal wöchentlich erscheint. Es besteht in der Regel wieder nur aus zwei Seiten, das Format ist unverändert. Das Organ erhält wieder Jahrgangszählung und Numerierung. 1937 wird der Titel für kurze Zeit geändert in „Bekanntmachungsblatt“. Die beiden erhaltenen Ausgaben geben zum erstenmal im Kopf Auskunft über die Auflagenhöhe – allerdings unterschiedlich: einmal wird die Mindestauflage vom April 1936 mit 510, einmal mit 610 Exemplaren angegeben. Es ist anzunehmen, dass diese Angaben im Schnitt für alle Ausgaben und auch schon für die Worpsweder Zeitung zutreffen.

Mit der Nummer 13 des 7. Jahrganges, der Ausgabe vom 8. 4. 1937, wird der Titel zum letztenmal geändert in: „Worpsweder Wochenblatt“. Neben amtlichen Bekanntmachungen, knappen Regionalmeldungen und Anzeigen öffnet das Blatt — nun wieder aus vier Seiten im Format 30 x 21,5 cm bestehend – breiten Raum für die Unterhaltung. Hier finden nun die Worpsweder Schriftsteller, besonders die jungen Talente, eine erste Leserschaft für ihre Kurzgeschichten. Wilhelm Scharrelmann, Bastian Müller, Manfred Hausmann, Theodor Heinz Köhler, Wilhelm Rudolf Sauer, Carl Emil Uphoff, Waldemar Augustiny, Anke Ehlers, Gustav Könsen, Karl Arste und Erich Schargorodsky füllen wechselweise die Spalten.

Zwei Jahre später wird die Zeitung vom Reichsverband deutscher Zeitungsverleger verboten (Im Einverständnis mit den zuständigen Stellen der NSDAP). Hugo Dommreis gibt auf, mit der Ausgabe vom 12.4.1939 endet das Kapitel „Worpsweder Pressegeschichte“.

aus: Peter Elze, „Worpswede Intern“, Worpswede 1989

Die Worpsweder Internetzeitung

„An das Publikum!“ – in eigener Sache

Mit dem Einschub „Internet“ rückt der alte Zeitungstitel in eine neue, andere Zeit: Wir haben ihn bewusst gewählt, einmal, um an die Vergangenheit anzuknüpfen, und an die Verlegerfamilie Dommreis zu erinnern. Auch die Rubriken von damals könnten heute noch gelten: „Lokales und Provinzielles“, und „Aus aller Welt– das Neueste von gestern“, denn aktuell werden unsere Beiträge nur in wenigen Fällen sein. Im Wesentlichen sind sie als Rückschau gedacht von Begebenheiten, die es Wert sind, überhaupt bekannt zu werden oder nicht in Vergessenheit zu geraten. Das gilt auch für die Veröffentlichung von historischem Material in Wort und Bild. Desweiteren werden wir von Ereignissen, Veranstaltungen und Aktivitäten aus unserem Verein, den „Freunden Worpswedes“, berichten. Einen besonderen Raum soll dabei unser Museum Käseglocke einnehmen, die Mehrung und Vervollständigung des Sammlungsbestandes, dessen wissenschaftliche Bearbeitung und Einordnung, sowie Hintergründe und Forschungsergebnisse zum Kunsthandwerk und zu den Künstlern.

Die Zeitung wird in unregelmäßigen Abständen mit neuen Artikeln weitergeführt, die jeweils den alten Texten vorangestellt werden, diese bleiben erhalten und können gesondert aufgerufen werden.

Mit acht Beiträgen machen wir den Anfang und hoffen, damit die „Medienwelt“ – vielleicht nur für einige Interessierte – ein Kleinwenig zu ergänzen und auch zu bereichern.