Im Winter 1993 präsentierte der damalige Leiter des Worpsweder Archivs, Peter Elze, im Barkenhoff eine Ausstellung von Johann Friedrich Schröder. Der Maler war bis dahin völlig unbekannt, auch wenn Bilder von ihm in der Kirche Hüttenbusch und in Räumen der Worpsweder Kirchengemeinde hingen. Und Schröder blieb bis heute ein weithin Unbekannter, von dem sich wenige Zeugnisse und gerade mal zwei Dutzend Gemälde in Familienbesitz erhalten haben. Ein zu Unrecht Vergessener! Johann Friedrich Schröder ist nämlich der früheste Worpsweder Maler, den man bis dato kennt und der schon 50 Jahre vor Fritz Mackensen in der Region tätig war. Seine künstlerische Bedeutung ist begrenzt, er war ein solider Maler seiner Zeit, der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Weit bedeutender ist in kunsthistorischer Hinsicht die Tatsache, dass Johann Friedrich Schröder der erste in der Teufelsmoor-Region tätige Maler und damit wie Christian Ludwig Bokelmann, der 2019 mit einer großen Ausstellung in der Lilienthaler Kunstschau gewürdigte Lehrer Fritz Mackensens, ein Vorläufer der Künstlerkolonie Worpswede ist.
Auf der 162. Versteigerung des Bremer Auktionshauses Bolland & Marotz wurden im Herbst 2019 aus Familienbesitz erstmalig vier Gemälde Schröders angeboten – zwei hat Peter Elze für die Freunde Worpswedes als wichtige Zeugnisse der örtlichen Kunstgeschichte erworben. Dabei handelt es sich um ein Selbstporträt des Malers und ein Porträt seiner aus Worpswede stammenden Mutter Lücke Schröder, geborene Schnaars (1785-1860). Beide Bilder sind wie alle bisher bekannten Arbeiten Johann Friedrich Schröders undatiert.
Wer war nun dieser Worpsweder Malerpionier? Die Angaben zu seinem Werdegang sind spärlich und vor allem im Vorfeld der bisher einzigen Ausstellung 1993 von Mitgliedern der Familie und von der damaligen Barkenhoff-Stipendiatin Dr. Birgit Nachtwey recherchiert worden. Erschwert wurde die Suche nach Bildern und Dokumenten durch die Tatsache, dass 1952 der gesamte im Elternhaus aufbewahrte Nachlass durch ein Feuer nach Blitzschlag vernichtet wurde.
Johann Friedrich Schröder wurde am 15. April 1821 als sechstes von acht Kindern des Mühlenbesitzers Friedrich Schröder und seiner zweiten Ehefrau Lücke in Hüttenbusch bei Worpswede geboren. Um 1840 bricht Schröder nach Düsseldorf auf, um an der dortigen Akademie Malerei zu studieren. Nach dem obligatorischen Zeichenunterricht und dem damals ebenfalls verpflichtend zu absolvierenden Antikenstudium tritt Schröder in die Landschafterklasse von Professor Johann Wilhelm Schirmer ein. Ob Schröder das Studium zum Abschluss gebracht hat, ist nicht bekannt. Das Studium seiner Bilder lässt jedoch den Schluss zu, dass er sich penibel an den Zielsetzungen des damaligen Kunststudiums ausrichtete, die Nazarener als Vorbild seiner religiös bestimmten Historienbilder und die Niederländer des 17. Jahrhunderts als Ideal in seinen Landschaftsgemälden wählte. Die Aufkündigung dieser von Akademiedirektor Wilhelm von Schadow postulierten Dogmen hat Johann Friedrich Schröder nicht mehr erlebt, weil er 1844 nach dem Tod seines Vaters das Hoferbe antreten und zum Müller und Landwirt „umschulen“ musste. Diese einschneidende Neuorientierung führte dazu, dass er fortan als der „Müller-Maler“ tituliert wurde.
1858 heiratet er Meta Monsees aus Teufelsmoor-Niederende und wird wenig später Vater zweier Kinder. Gleichzeitig widmet er sich erneut der Malerei, porträtiert akkurat in glatter Feinmalerei mehrere Familienmitglieder und beispielsweise auch den Moorkolonisatoren Findorff. Religiöse Motive entstehen für die Kirchen in Hüttenbusch und Worpswede, Darstellungen der heimatlichen Landschaft und der süddeutschen Bergwelt vervollständigen den Kanon der Motive des Müller-Malers. 1872 verpachtet er die Mühle, ohne sich jedoch ganz aus dem Betrieb zurückzuziehen und verbringt im Winter 1872/73 ein Semester an der Kunstakademie Weimar. Danach verlieren sich die Spuren allmählich. Überliefert ist eine in den 1880-er Jahren entstandene Freundschaft mit dem Marschendichter Hermann Allmers sowie ein eher lockerer Kontakt zu den Malern der Worpsweder Künstlerkolonie, deren Gründer Fritz Mackensen Schröder erstmalig 1884 auf einer Kutschfahrt von Bremen ins spätere Künstlerdorf traf. Mackensen hat später davon berichtet, dass ihm Schröder von seinem Düsseldorfer Studium erzählte und er zum Zeitpunkt des Kennenlernens insbesondere „Korn mahle“.
Wenige Monate vor seinem Tod am 28. November 1904 schenkte Johann Friedrich Schröder seiner heimatlichen Kirchengemeinde in Hüttenbusch zum 75-jährigen Bestehen der örtlichen Kirche 24 Ölgemälde, die in Worpswede für einen guten Zweck, nämlich die Beschaffung einer Orgel und einer Kirchenuhr, versteigert werden sollten. Hans am Ende wählte die Bilder aus und taxierte ihren Wert. Es ist davon auszugehen, dass alle diese Arbeiten in der Region geblieben sind und einige davon noch heute in Privathäusern hängen.