Heinrich Vogeler in bester Wiesbadener Gesellschaft

unter Mitwirkung von Claus Glüsing

Es ist getrost als die Krönung eines großen Sammler-Lebens zu bewerten: Der Kunsthändler Ferdinand W. Neess hat für seine international als einzigartig bewertete Sammlung von etwa 800 herausragenden Objekten des Jugendstils und des Symbolismus nun im Hessischen Landesmuseum Wiesbaden einen eigenen neuen Gebäudeflügel bekommen. Dort sind in einer Dauerausstellung etwa 500 Exponate zu sehen, die der mittlerweile 90-jährige Neess seit den 1960-ger Jahren in Europa und in den USA zusammengetragen hat und nun dem Wiesbadener Museum schenkte. Fachleute schätzen den Wert vorsichtig auf etwa 41 Millionen Euro.

Heinrich Vogelers Gemälde „Heimkehr“ (1898), das bisher in der Eingangshalle der Wiesbadener Villa des Sammlers hing, ist in der musealen Schau nun mit Möbeln, Grafiken, mit Glas, Silber und Metall-Arbeiten sowie mit Teppichen von herausragenden Vertretern des Jugendstils und des Symbolismus aus diversen europäischen Ländern und aus den Vereinigten Staaten zu sehen. Ferdinand W. Neess, der die Präsentation persönlich an seinem 90. Geburtstag mit einem Konzert auf der Querflöte eröffnete, hätte Vogelers „Heimkehr“ gern mit dem Pendant „Abschied“ zusammengeführt – allein diesen Herzenswunsch hat der einst mit Galerien in Berlin und Frankfurt vertretene Kunsthändler bisher nicht umsetzen können. Von Heinrich Vogeler besitzt Ferdinand W. Nees schon das 1901 gemalte „Melusinenmärchen“, einige Silber- und Bronze-Arbeiten sowie das Rosen-Porzellan für eine junge Dame. Überdies zählen jeweils ein Werk von Hans am Ende und von Fritz Mackensen zu seinen Besitztümern.

Die neue fabelhaft und übersichtlich präsentierte Dauerausstellung gliedert sich nach Länderschwerpunkten, zeigt ganze Möbel-Ensembles als staunenswerte Rauminstallationen oder begehbare Skulpturen von Künstlern wie Hector Guimard, Louis Majorelle und Bernhard Pankok, Sitzgruppen von Koloman Moser und Georges de Feure sowie französische Glas-Preziosen von Lalique, Gallé und anderen. Ergänzt wird die Schau der kostbaren Exponate durch Filmbeiträge, etwa von der Welt-Ausstellung 1910, bei der zahlreiche Sammlungsstücke von Ferdinand W. Neess schon gezeigt wurden, und von einem Interview mit Jan Vogeler zu Leben und Werk seines Vaters.

Die auf 800 Quadratmetern präsentierte Sammlung wird fortan zum neuen europäischen Anlaufpunkt des Jugendstils werden – mit dem nur wenige Kilometer entfernten zweiten Jugendstil-Höhepunkt der Darmstädter Mathildenhöhe in der Nachbarschaft. Zur Ausstellung erschien ein drei Kilogramm (!) schwerer, üppiger Katalog im Deutschen Kunstverlag Berlin, den es im Museum für 50 Euro zu kaufen gibt.